Künftiges Design von Chemieanlagen in einem klimaneutralen und flexiblen Energiesystem

Ausgangssituation:

Um die immer stärkeren Folgen der globalen Erderwärmung zu begrenzen, sieht der Klimaschutzplan 2050 eine Senkung der Treibhausgas (THG) - Emissionen in Deutschland bis 2050 um mindestens 80% bis 95% gegenüber 1990 vor. [1] Die Prozessindustrie trägt in Deutschland mit einem Ausstoß von 189 Mio. t/a CO2- Äquivalenten (2015) 21% zu den THG-Emissionen bei. [1] In der chemischen Prozessindustrie sind lediglich sieben Basischemikalien, darunter Ammoniak, Methanol, Ethylen und Propylen, für 60% der THG-Emissionen verantwortlich. Einer der wichtigsten Grundbausteine dieser Produkte und damit der gesamten chemischen Prozessindustrie ist Synthesegas. Das Ziel der Projektgruppe Sektorenkopplung ist, eine nachhaltige Minderung der THG-Emissionen durch Realisierung einer alternativen Verfahrensroute zur Synthesegas-Produktion zu erzielen. Dabei soll besonders nachhaltig erzeugter Wasserstoff als Rohstoff für chemische Prozesse und als zentraler Energieträger eingesetzt werden.

Konzept:

Ausgehend von der Verfügbarkeit von elektrischem Strom aus Windkraft wird dazu ein Konzept entwickelt, um erneuerbare Energien hocheffizient in die Prozessindustrie zu integrieren. Die gewünschte hohe Auslastung und damit kontinuierliche Fahrweise von chemischen Produktionsanlagen steht jedoch im Widerspruch mit der fluktuierenden Verfügbarkeit von Energie aus regenerativen Primärenergiequellen. Das Konzept zielt darauf ab, diesen Gegensatz zwischen der Volatilität erneuerbarer Energien und der Kontinuität der chemischen Produktion aufzuheben. Ein systemischer Lösungsansatz wird verfolgt, bei dem unterschiedliche Energieträger, -wandler und -speicher optimal gekoppelt werden.

Methodik:

Es wird eine umfassende energetische und ökologische Systemanalyse durchgeführt und aufgezeigt, wie und wo Energiewandler sowie Kurzzeit- und Langzeit-Energiespeicher in ein Netz einzubinden sind, um eine robuste und kontinuierliche Produktion zu gewährleisten. Dazu werden Anlagen und Infrastruktur sowie Energie- und Stoffströme von Chemieparks in einem digitalen Zwilling („Digital Twin“) abgebildet. Um das Konzept zu validieren und Daten von Prozessparametern zu erhalten für die nur begrenzte Datenbankinformationen zur Verfügung stehen, werden die digitalen Modelle auf eine Pilotanlage übertragen. Anhand der Simulationen und der Pilotanlage werden unterschiedlichste Szenarien durchgespielt, analysiert und optimiert. Ein Abgleich mit einem realen Chemiepark erfolgt anhand des Standorts Knapsack. Es wird erwartet, die Ergebnisse in abstrahierter Form auf eine Vielzahl von Chemiestandorten übertragen zu können.